PERIPHERIE ALS ZENTRUM

Aellgi-Alp. Schweizerischer Kunstverein. 2005

„Es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten; die Menschen schlafen in ihren Betten“

Wilhelm Müller. Im Dorfe, in: Wilhelm Müller/Franz Schubert. Die Winterreise, 1827

„PERIPHERIE ALS ZENTRUM“ POSITIONS/DEBATS/EXPLOSIONS

Eine Veranstaltung auf der Älggi Alp/Obwalden. Juli 2005 

Durchgeführt vom Schweizerischen Kunstverein in Zusammenarbeit mit der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia im Rahmen des Projektes échanges

Auf einer stillen Alp auf etwas mehr als 1’600 Metern Höhe im Kanton Obwalden oberhalb von Sachseln und der Klause des Bruder Klaus’ gelegen, befindet sich das geographische Zentrum der Schweiz. Diese unbedeutende Bedeutsamkeit in einer abgelegenen Gegend der Innerschweiz gilt es im Rahmen des Projektes échanges lustvoll zu zelebrieren wie auch kritisch zu hinterfragen. Künste und Wissenschaft bieten sich dafür als geeignetes Medium an: Mitte und Peripherie lassen sich nicht trennen, schliessen sich somit keineswegs aus. Vielmehr bedingen sie einander, um überhaupt wirken zu können.

Es treffen sich im Sinne einer zentralistisch geprägten Sammlung alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Projektes échanges – Kunstschaffende, Kuratoren, Organisatoren, Geldgeber –, verschiedene Leiter von kulturellen Institutionen und Kulturschaffende der Region, um den gegenseitigen Austausch zu pflegen.

Programm

Katalogvernissage der Monographien über Stefan Sulzberger, Isabelle Krieg, PAC, Arno Hassler, Jérémie Gindre, Frank und Patrik Riklin, Atelier für Sonderaufgaben, Jean-Daniel Berclaz der Ausstellungsperiode 2004/05 von échanges im Museum Bruder Klaus in Sachseln

Vernissage der Ausstellung von Jean-Daniel Berclaz im Museum Bruder Klaus Fahrt auf die Alp und Quartierbezug

Referenten und Teilnehmer werden von Alphorn-, Kuhhorn-, Büchel- sowie Trompetenklängen und Jodel empfangen: Heinz de la Torre, Silvia Rindlisbacher- Rymann, Peter Berchtold.
Frank und Patrik Riklin und ihr Atelier für Sonderaufgaben erläutern ihr Projet «Das kleinste Gipfeltreffen der Welt“. Eine kleine Videoeinspielung finden sich in einer Alphütte fest installiert und ist Teil eines Workshops, der am folgenden Tag stattfinden wird.

Nachtessen im Bergrestaurant Älggi-Alp
Freie Diskussionen über den Themenbereich, der uns auf der Alp zusammengebracht hat und am folgenden Tag einem grösseren Publikum präsentiert wird.
Im Rahmen des literarischen Projektes Hoio über die Insel Santa Lemusa wird ein Schlaftrunk serviert, der die Teilnehmer bei karibischen Klängen sanft entschweben lässt.
Die Performancegruppe PAC erhellt mit einem Freudenfeuer, die Nacht.

Beginn der offiziellen Veranstaltung mit einem Grusswort von Herrn Rainer Peikert, Präsident des Schweizerischen Kunstvereins, Herrn Hans Hofer, Regierungsrat des Kantons Obwalden und Frau Margrit Freivogel, Gemeindepräsidentin von Sachseln. Herr Pius Knüsel, Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, führt ein in die Thematik.

Die Pyromantiker, begleitet von Firau, übergeben in ihrer Aktion dem Feuer die Hauptrolle und eröffnen damit die Veranstaltung „PERIPHERIE ALS ZENTRUM“

HAUPTREFERENTEN

Prof. Dr. Beat Wyss, Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe: Regionalität, weltweit
Georges Pfruender, Direktor der Ecole cantonale d’art du Valais, ECAV, Sierre/
Dr. phil. Claire de Ribaupierre, Forschungsbeauftragte der ECAV, Sierre: In, um, und um herum: Centres, cercles et marges ou les lois de l’excentricité
Sønke Gau und Katharina Schlieben, Leiterteam der Shedhalle Zürich: Die kleine Institution zwischen
Peripherie und Zentrum – oder die Nische als Möglichkeit
lic.phil. Samuel Herzog, Kunsthistoriker, Journalist, Feuilleton-Redaktor bei der NZZ

KUNSTSCHAFFENDE

Les Reines prochaines, Basel Anne Blanchet, Genève Judith Albert, Zürich, Tina Hauser, Mühlehorn

MODERATORINNEN

EIN- UND AUSBLICKE:
Giorgio Hösli, Redaktion zalp und zalpverlag : «Der Älpler», sein Leben, seine Arbeit, seine Bedeutung.

Es folgen offene Diskussionen und freie Begegnungen über das Wesen des zentralen und peripheren Daseins in Kunst und Leben. Dieser Austausch findet im Rahmen des „Point de Vue Älggi Alp“ von Jean-Daniel Berclaz statt. Berclaz lädt zu einem Aussichtspunkt oder Standpunkt, zu einer Ansicht oder Meinung – einem anregenden Beisammensein mit Delikatessen von hier und dort ein. Auf der freien Ebene finden sich Tische, Getränk und allerlei Salziges, was in ein gemeinsames Mittagessen mündet.

Parallel stattfindende Workshops mit weiteren Teilnehmern (Kunstvermittler, Kunstschaffende, Fachleute aus Wirtschaft und Medien) an 5 ausgesuchten Orten auf der Alp, wo sich eine künstlerische Aktion/Installation findet. Diese reflektieren das Gehörte und Erlebte, beziehen weitere Aspekte mit ein und starten den Versuch zu einer Art Manifest.

WORKSHOPS

Rudolf Velhagen, Leiter Abteilung viuselle Künste, Pro Helvetia (v) Helen Hirsch, Kunsthistorikerin / freie Ausstellungsmacherin (hh) Hildegard Spielhofer, Künstlerin (hs), Georges Pfruender und Claire de Ribaupierre (pfr), Samuel Herzog (sh)

Die Themenbereiche sind folgende:
1. Der spezifische Ort und seine Peripherien (pfr)
2. Peripherie und globale Vernetzung (hh)
3. Zeitgenössische Kultur: peripher im modernen Dasein (v)
4. Sie kennen mich, also bin ich: zentrale Wirkungsmechanismen des Kunstbetriebs (sh) 5. Menschliche Dimensionen von Peripherie und Zentrum (hs)

KUNSTSCHAFFENDE

Jérémie Gindre, Genève

Isabelle Krieg, Fribourg

HOIO, Basel

Stefan Sulzberger, Schaffhausen

Frank und Patrik Riklin, Büro für Sonderaufgaben, St. Gallen

Jean-Damien Fleury, Fribourg

Christiane Hamacher, Vallamand, lässt die Grenzen endlich explodieren

Arno Hassler, Crémines/Zürich

Frédéric Post , Genève

Jo Achermann, Cottbus

Jean-Daniel Berclaz, macht uns ein Panoramabild seiner Alpansicht

Eine Gedenkplakette für alle«Brätelfreunde». Leuchtende Brote hängen wie ein Wunder, wie unerwartetes verheissungsvolles Manna an der Decke der Kapelle. Zugleich versprüht Isabelle Krieg als wasserspendende Fruchtbarkeits-Göttin ihre „Milch“ auf die Bedürftigen. Die Boutik Hoio, bestückt mit Kolonialwaren aus der karibischen Insel Santa Lemusa, findet nach nun vierjährigem Bestehen und Einsatz auf der Alp ihre Heimat.

Sechs Dorfpräsidenten aus den 6 kleinsten politischen Gemeinden Mitteleuropas erzählen aus ihrem alltäglichen Leben. Eine unerwartete Einladung reisst die Präsidenten aus ihrem Alltag heraus und sie reisen in die Schweiz. Sie treffen sich zur Vollendung des Projektes «Das kleinste Gipfeltreffen der Welt» auf dem Gipfel des appenzellischen Kamor (1’751 m ü. M.)

Verabschiedung der Teilnehmer von Seiten des Präsidenten des Schweizerischen Kunstvereins Rainer Peikert und den Kuratorinnen des Projekts, Esther Maria Jungo und Helen Hirsch, mit einer Art Manifest und einem künstlerischen Schlussbouquet in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Pyromantik, begleitet von Firau.

© Esther Maria Jungo, in Zusammenarbeit mit Helen Hirsch

Jean-Daniel Berclaz